Suter erzählt die letzten Jahre des Protagonisten: Konrad Lang, ein sehr raffinierter schweizer Mann, Mitte sechzig, dessen Leben von den Kapricen einer wohlhabenden Familie gesteuertwurde. Konrad, oder lieber Koni, wie sein Freund Thomas ihn nennt, war der immer treue Begleiter des Sohnes eines Unternehmers, seit er als kleines Kind von der Familie adoptiert würde. Thomas‘ Stiefmutter, Elvira, entwickelt eine komische Beziehung zu Konrad: einerseits unterstützt sie ihn finanziell, andererseits wünscht sie, dass er irgendwie verschwindet. Konrad führt ein privilegiertes Leben, ohne es zu bestimmen: er besucht das gleiche Internat wie Thomas, verbringt die Ferien mit ihm zusammen und reist mit ihm wohin Thomas Laune diktiert. Trotzdem steht Konrad immer am Rand seines Lebens, da er nicht zur Oberklasse gehört. Im Laufe der Jahre entwickelt Konrad eine sein Leben ruinierende Alkoholsucht.
Als Konrad einen Brand in Elviras Villa auf Korfu auslöste, auf die er eigentlich aufpassen sollte, muss es nach Zürich zurück, wo Elvira ihn finanziell unterstützt. Zufälligerweise lernt Konrad eine wohlhabende Witwe (Rosemarie) kennen und für eine kurze Zeit bekommt er eine unerwartete Unabhängigkeit. Die beiden genießen ihr Zusammenleben, bis die erste Symptome der Krankheit auftauchen und Konrads und Rosemaries Leben auf dem Kopf steht.
Ich habe das Buch zufälligerweise ausgewählt und hatte keine Ahnung, worum es geht. Wenn ich es wüsste, dass es vom Alzheimer handelt, würde ich es höchstwahrscheinlich nicht ausliehen haben. Dies wäre eine dumme Entscheidung, da ich das Buch von Anfang an mitreißend gefunden habe und nicht aufhören konnte zu lesen. Der direkte Stil des Autors zusammen mit einer gewissen Ungewissheit über die Beziehung zwischen Elvira und Konrad, die als eine Art Geheimnis gilt, machen dieses Buch sehr unterhaltsam. Ein bemerkenswerter Punkt ist die sehr genaue Beschreibung der Entwicklung der Krankheit bei dem Protagonisten, ohne den Leser zu langweilen oder eine zu technische Sprache zu benutzen. Der Autor führt uns durch Konrads spannende Hochs und Tiefs und erreicht, dass der Leser eine maßgebliche Beziehung mit ihm aufbaut. Man spürt Konrads Schwierigkeiten und leidet an seinem Unglück. Das Ende des Buches ist echt spannend.
Der Roman handelt von ein paar zusätzlichen Themen mehr, nämlich dem übermäßigen Einfluss der wohlhabenden Familien, ihrer Haltung zu anderen Menschen und nur beiläufig von der ethischen Frage des Experimentes mit Patienten.
In unserer alternden Gesellschaft wird häufiger über dieses Thema gesprochen. Die Zahl der Demenzpatienten steigt ständig und trotz unserer Bemühungen, haben unsere Wissenschaftler keine effektiven Arzneimittel erfunden. Ich persönlich kenne mehrere an Demenz leidende Leute, einige in meiner Familie, deshalb berührt mich dieses Thema so sehr. Dieser Roman erreicht, dass wir über Alzheimer nachdenken, ohne eine pessimistische Ansicht zu vermitteln.
Mit „Small World“ hat Martin Suter erfolgreich ein komplexes Thema unterhaltsam behandelt. Die schwierige Beziehung zwischen der Unternehmerfamilie und dem Protagonisten, sehr elegant erzählt, und das überraschende Ende beitragen zu einem sehr empfehlenswerten Roman.